Darkroom und Dunkelfeld

In den vergangenen Wochen und Monaten gab es eine ganze Menge queere Ausstellungen in München: vom Amerika Haus zu Trans* bis zum Haus der Kunst mit dem Forum Queeres Archiv und jetzt im NS-Dokuzentrum, wo aktuell erzeugte Kunst die Standard-Ausstellung bis Mai 2023 belebt und ergänzt und eine Ausstellung im ersten Stock die Jahre zwischen 1900 und 1950 die Elemente des queeren Lebens damals als enorm innovativ sichtbar machen.

Bei all der freundlichen Aufmerksamkeit für lesbisches und schwules Leben, für Trans (denn Bisexualität bleibt meistens noch ausgespart) entsteht mir ein seltsames Gefühl, denn mindestens zwei Bereiche fehlen massiv:

Der Darkroom und das Dunkelfeld

Darkroom ist mein Symbol für alles heimliche, für den Fetisch, für das nicht in die Öffentlichkeit zu bringende, weil es die Heimlichkeit der Sexualität der Begegnung, der geschlossenen Aufmerksamkeit braucht.

Dunkelfeld meint den großen Bereich der nicht gelebten Sexualität, der heimlichen Träume, der versteckten Bedürfnisse, denn wo sind die schwulen Lehrer, die Beamten und Polizisten, die lesbischen Lehrerinnen, wo sind die Menschen, die den ganzen Alltag versteckt leben?

Ein Christopher Street Day (CSD) kann nur einen ganz kleinen Teil sichtbar machen, und es sind nicht nur die Münchner, die ihn feiern, sie sind nur ein ganz kleiner Teil, dafür kommen aber viele Freundinnen und Freunde aus dem ganzen Münchner Umfeld, aus Bayern, aus Deutschland, um in München in der Fußgängerzone etwas darzustellen, was der normale Münchner, der normale Homosexuelle Münchner, die normale Homosexuelle Münchnerin nie zeigen würde,

aber gefeiert mit einigen StadträtInnen und Oberbürgermeister stellen sie ein Bild dar, das nirgends stimmt außer im Bier-Ausschank, eine Community-Inszenierung. Die Inszenierung und ihre Selbstdarstellung, ganze bunte Zeitschriften voll, mit teuerster Zielgruppen-Werbung, denn die doppelten Einkommen meist ohne Kinder haben Kaufkraft und Tourismus-Magnetismus und Vorreiter-Rolle.

§175 und die Verfolgungsgeschichte

Die Religionen des eifersüchtigen 1-Mann-Gottes hatten alle Beschäftigungen mit der Sexualität des anderen Mannes unter Strafen gestellt, die Nazis wollten das - nach der Hetze aus der SPD gegen die mit Ernst Röhm schwul dominierte SA - nach der „Nacht der langen Messer“, in der Ende Juni 1934 mehr als 100 Gegner der Nazi-Herrschaft ermordet wurden.

Die Sexualität der Frauen war noch kaum entdeckt,

Der §175 stammte aus dem preußischen Strafrecht, das in Bayern erst nach dem Beitritt zum deutschen Reich gültig wurde, ausgerechnet durch den heimlich schwulen König Ludwig II, der für seine Schlösser Millionen dafür aus Bismarcks „Reptilienfonds“ erhielt.

Der §175 wurde Herbst 1934 verschärft und es gab erste Razzien in München, mit Gefängnis oder Konzentrationslager; Der §175 wurde 1945 nicht gestrichen, und seit der Zeit Adenauers öfter und weiter angewandt im Postfaschismus, der mehr Leute verfolgte und verurteilte, als das „3.Reich“ (allerdings mit tausendfach tödlichem Ausgang) schaffte, „die ansteckende Krankheit auszurotten“.

Die „Krankheit“ Homosexualität wurde erst 1992 aus dem Internationalen Verzeichnis IDC der Krankheiten gestrichen, nachdem ein Arzt mit einer Papiertüte über dem Kopf auf einem Kongress die Forderung dazu gestellt hatte: Bis dahin konnten Ärzte und Psychoanalytiker wegen „unausgereifter Persönlichkeit“ die Fähigkeit zur Berufsausübung abgesprochen werden … IDAHOBIT und Wikipedia

Befreiungs-Bewegungen

„Das Lambda (λ), das Symbol für libertas (lat. „Freiheit“) als Gleichberechtigung und dadurch Namensteil und/oder Symbol mehrerer lesbisch-schwuler Organisationen und Veranstaltungen wie: Lambda Legal: LGBT & HIV – US-Bürgerrechtsorganisation (1971/1973), 

Jugendnetzwerk Lambda: Bundesweiter Jugendverband für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender (1990) oder Rechtskomitee Lambda (RKL): Lesbisch-schwule Bürgerrechtsorganisation in Österreich (1991).“ https://de.wikipedia.org/wiki/LGBT-Symbole

"um es genauer zu beschreiben wäre es vielleicht gut die Kinos alle aufzuzählen, denn es gab ein Porno Kino im Hauptbahnhof, das stand für sich alleine. 

Das bali-kino befand sich in der Senefelder Straße, gegenüber vom Hbf, zwischen  Schiller und Goethestraße.

Das Bali gehörte ursprünglich zu einer Kinokette, zusammen mit dem Gabriel in der Dachauer Straße und in einem Kino in der Falkenturmstraße in denen nur Porno-Filme gezeigt wurden. 

1983 gab es sogar eine 3-D-Vorstellung für zwei Wochen. & es waren tatsächlich richtige Kinos, Video-Kabinen wurden erst ab 1983 installiert. 

Und alle diese Etablissements waren stark von Homosexuellen und oder Männern mit Bi-Neigung besucht. Frauen fanden sich dort natürlich auch, aber höchstens im Promille-Bereich.  Prostituierte waren dort auch keine anzutreffen. Gar keine!" PMK

Was die Homo-Szene Geschichten angeht, gebe ich Dir gerne Infos. Außer der Mosi-Geschichte gibts ja noch andere Anekdoten, die mit Prominenz oder mit der Polizei, oder in der JVA zu tun haben. ...

Und ich habe eine Seite an mir erkannt die erstens sehr lustig und komödiantisch rüberkommt aber identisch und wahr ist. Und das muss jetzt mein Job werden, dieses niederzuschreiben. PMK 17.1.21

Ratzinger in München: Rückschritte

1981 hatte ich (Fritz Letsch) meine Lebensstellung in der katholischen Kirche gekündigt, Ratzinger als oberer Chef, Generalvikar Gruber unterschrieb alles damals, heute im Visier als Missbrauch-Vertuscher.

Mit Ratzinger hatten wir als Kolleg*innen ein einziges Gespräch, nach meiner Bemerkung lief er blau an und sein Sekretär meinte, der Herr Kardinal habe noch dringende Termine …

Eine Ordensschwester hatte die damalige Problematik, dass wieder verheiratete Geschiedene nicht zur Kommunion gehen dürfen, bei der Erstkommunion des Kindes schriftlich im Ordinariat für diesen Tag beantragen müssten, als pastoral unsinnig dargestellt, worauf Ratzinger meinte, das sei dogmatisch notwendig.

Ich meinte mit einer Geste: Dann steinigen wir die Sünderin also weiterhin?

Die Kolleg*innen meinten auf dem Weg zur Kapelle, in der der Kardinal mit uns (großteils Laien-Mitarbeitenden) einen alten Standard „für Priester-und Ordensberufe“ herunter leierte, dass ich dafür sicher Ärger bekommen würde, aber Ratzinger war als Choleriker weniger nachtragend als mein Vater, aber wahrscheinlich wurden unsere Anleitenden und Ausbildendenden angepfiffen.

In meiner späteren Lehrprobe bekam ich eine überraschende 4, „weil ich im Unterricht zu bayrisch gesprochen hätte“, aber da war ich schon am gehen …Mein Supervisor damals, ein Redemptorist, meinte (etwas schmunzelnd?): „Herr Letsch, ich habe den Eindruck, sie leugnen das unauslöschliche Priestertum?

Ich konnte nur nicken.

Mein priesterlicher Freund, Geliebter und Bettgenosse hatte unsere Beziehung seinem Beichtvater gestanden und war an sein Keuschheits- und Zölibatsversprechen erinnert worden, erlitt mit knapp 30 einen Gehörsturz. „Gehorsam komm von Hören“ war mein Gedanke.

Darkroom: Nicht beleuchtetes Hinterzimmer / Keller in schwulen Bars und Saunen, in denen eher eine tastende /taktile Verständigung stattfindet. Früher wurde in Saunen auch kaum (laut) gesprochen. Wie in den Kirchen.

Dunkelfeld: Begriff aus der Soziologie, für die nicht beleuchteten / sichtbaren Bereiche eines Untersuchungsgegenstandes

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